Ein Joint auf Rezept? Medizinhanf als Allheilmittel? Hanfsamen völlig legal zu Hause anbauen, gesponsert von der eigenen Krankenkasse? Die Diskussion um Hanf als Arzneimittel brodelt seit einiger Zeit. Blickt man nur ein paar Jahre zurück, war Cannabis noch die Einstiegsdroge, das Killergras, noch gefährlicher als ihr Ruf und zu Recht verboten. Betrachtet man die aktuelle Diskussion, könnte man glauben, Cannabis sei das Mittel gegen alle Krankheiten. Cannabis soll gegen Autoimmunkrankheiten, Krebs, multiple Sklerose, Schizophrenie, Arthritis und unzählige weitere Krankheiten helfen. Aber was steckt wirklich hinter Cannabis als Medizin? Unser Blogbeitrag soll aufklären.
Tatsächlich gibt es unzählige positive Beobachtungen zum medizinischen Nutzen von Cannabis. Die Inhaltsstoffe der Hanfpflanze, sowohl das Tetrahydrocannabinol (THC) als auch das Cannabidol (CBD), werden bereits seit Jahrtausenden von uns Menschen zum medizinischen Gebrauch eingesetzt. Eine der ältesten Aufzeichnungen über Hanf als Arzneimittel sind 5000 Jahre alt. Schon damals setzten die Chinesen das Harz der Cannabispflanze bei Gicht, Verstopfung, Malaria und Rheuma ein.
Heute gibt es eine gute Dokumentation über den medizinischen Effekt von Cannabis bei Schmerztherapien. Darunter fällt unter anderem die Behandlung von Patienten, die unter chronischer Übelkeit leiden. Cannabis wird auch in vielen Tierversuchen eingesetzt, wobei die Pflanze laut den Forschern Potential hätte gegen bspw. Psychosen, Schlafstörungen, Angstzustände, Epilepsie oder ADHS helfen zu können.
Bevor jetzt allerdings falsche oder zu große Hoffnungen erweckt werden, wollen wir hier einen Cut ziehen. Es gibt noch zu wenige aussagekräftige Studien, die den medizinischen Nutzen von Cannabis tatsächlich belegen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) erklärte, dass bei dem Mundspray Sativex der THC-Gehalt nur einen „geringen Zusatznutzen“ hätte. Die angepriesene Entzündungshemmende Wirkung konnte bei diesem konkreten Fall nicht nachgewiesen werden.
Klarheit wird man erst in einigen Jahren haben. In den USA, England, Kannada, Israel, Spanien, Finnland, Portugal, Tschechien, Neuseeland, Großbritannien und den Niederlande sind mittlerweile unzählige Medikament auf Cannabis Basis zugelassen. In Deutschland gibt es nur das Medikament Sativex, das ausschließlich für die Behandlung von Spastiken bei Multiple Sklerose eingesetzt werden darf. Nur in Ausnahmefällen dürfen chronisch kranke Menschen die Blüten der Cannabispflanze in Apotheken kaufen. Das geht nur mit der Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Die Kosten sind allerdings viel zu hoch angesetzt – fünf Gramm kosten in der Apotheke 118 Euro und werden nicht von der Krankenkasse bezahlt. Mittlerweile fordern nicht nur Experten, sondern auch Teile der Regierung, das die Kassen hier mehr Kosten übernehmen sollen.
Laut den Forschern sei das Potential der Cannabispflanze längst nicht vollends erfasst, geschweige denn ausgeschöpft. Hanf wird seit Jahrtausenden zu medizinischen Zwecken eingesetzt und bekam erst im letzten Jahrhundert seinen zweifelhaften Ruf. Das 20. Jahrhundert war der Beginn der Kriminalisierung von Cannabis. Das 21. Jahrhundert verspricht eine Kehrtwende. Denn auch wenn Cannabis seit 5000 Jahren medizinisch eingesetzt wird und seit den 1930ern Jahren langsam aber sicher in die Illegalität befördert wurde, setzt man sich erst seit den 1960er Jahren mit den Inhaltsstoffen der Pflanze auseinander. Die Wirkstoffe THC und CBD wurden 1963 von einem jungen Chemiker in Tel Aviv erstmals entdeckt. Die grundlegendsten Fragen zur Cannabispflanze sind noch immer nicht beantwortet. Es ist bis heute nicht geklärt, wieso Cannabis ihre Inhaltsstoffe in solch einer Fülle produziert. Man weiß nicht, wie viele Arten von Hanfpflanzen existieren. Die Pflanze birgt noch einige Geheimnisse in sich. Erst wenn es die Forscher geschafft haben, die Informationen aus dem Cannabis Erbgut vollends zu entschlüsseln, können auch die medizinisch essentiellen Inhaltstoffen aus den Pflanzen im großen Stil gezüchtet werden. Und erst dann wird es vielleicht möglich sein einen Diskurs über Cannabis zu führen, der die Pflanze weder als Killer verunglimpft noch als Wundermittel anpreist.